teammedia-Verlag, Leseproben

sich am Flughafen, wie er für gute Fotos Zugang zum Vorfeld erhalten könnte. Er wurde aufs Polizeibüro geschickt, wo einer der beiden anwesenden Poli- zisten das Empfehlungsschreiben las und meinte: „Kommen Sie mit!“ Walter Janach wurde zu einem gelben, mit „FOLLOW ME“ markierten VW-Käfer ge- führt, mit dem er vom Polizisten direkt zur besten Stelle am Rand der Run- way gefahren wurde. Auch den Wunsch, die Air India Boeing beim Start zu fotografieren, unterstützte der Polizist bereitwillig. Er hat den Hobby-Fotogra- fen an den Rand der Piste 34 gefahren, dorthin, wo er den Abhebepunkt der Boeing 707 vermutete. Damit wäre Walter Janach eigentlich schon mehr als zufrieden gewesen, doch anschliessend wurde er auf dem Vorfeld gelassen, wo er sich völlig frei bewegen konnte. Sogar Cockpit-Aufnahmen hat er auf dem Flughafen Kloten gemacht. „Jaja, geh einfach rein“, lauteten die Antwor- ten auf entsprechende Fragen. Diese Freiheiten nahmen einige Jahre später, 1969, mit dem in Zürich verübten Attentat auf eine Maschine der israelischen Fluggesellschaft El Al ein jähes Ende. Walter Janach investierte einen beträchtlichen Teil seines Lehrlingslohnes in dieses Hobby, das ihn neben seiner Ausbildung voll ausgefüllt hat. Schwarz- weiss-Filme waren nicht teuer, den Vergrösserungsapparat hat er sich selber zusammengebastelt, nur das nötige Objektiv musste er sich dazukaufen. Zu- erst fotografierte er mit einer Mittelformat-Kamera seines Vaters, das Geld für seine eigene, 1500 Franken teure Hasselblad-Kamera, hat er sich selber zu- sammengespart und mit dem Verkauf von Fotos verdient: Walter Janach hat Klassenfotos gemacht und Schultheater fotografiert, die Aufnahmen konnte er dann für einen Franken verkaufen. Auch Luftaufnahmen sind im grossen Fundus von Walter Janach zu finden. Als Fotoplattform diente ein mal ein Piper Cup, bei dem sich die Fenster aufklap- pen lassen. Kostenpunkt dafür am Flughafen Basel: Ein Franken pro Flugminute. 1961 kam für Walter Janach ein grosses Ereignis hinzu: Der Besuch der Farn- borough Airshow, eine der grossen Luftfahrtmessen der Welt, wo jeweils die neusten Entwicklungen der Luftfahrtindustrie präsentiert werden. Die Reise nach London trat er mit einer Comet 4 der British European Airways an, über- nachten konnte er bei Bekannten. Dank dem Empfehlungsschreiben einer Redaktion erhielt er auch einen Presseausweis für den Grossanlass mit welt- weiter Bedeutung. Auch dort war Vieles erlaubt oder zumindest geduldet, was aus heutiger Sicht unvorstellbar erscheint: So ist Walter Janach eines Morgens, der dichte Nebel erlaubte keinen Flugbetrieb, quer über die Pis- te spaziert, um einen ausserhalb des Publikumsbereichs abgestellten Glos- ter Meteor zu fotografieren. Auch bei Flugbetrieb gab es für den Fotografen fast keine Einschränkungen: Seine Fotoposition konnte er so nah an der Piste wählen, dass die Flügel der vorbeirollenden Flugzeuge bisweilen buchstäblich über seinem Kopf waren - so zum Beispiel beim simulierten Alarmstart der drei V-Bomber-Typen Valiant, Victor und Vulcan der Royal Air Force. Wenig erstaunlich ist, dass auch der Aérosalon in Paris Le Bourget, die gröss- te Luftfahrtmesse der Welt, zum Reiseziel von Walter Janach wurde. In Paris zeigte sich jeweils der Wettbewerb zwischen den USA und der Sowjetunion um die technologische Vorherrschaft besonders deutlich: Beide Grossmäch- te, aber natürlich auch alle anderen wichtigen Akteure der Luftfahrtindustrie, brachten ihre Spitzenprodukte jeweils nach Paris und versuchten diese mög- lichst effektvoll in Szene zu setzen. Das hatte in den 1960er-Jahren mehrere tragische Unfälle zur Folge: Zweimal stürzte ein Exemplar des US-amerikani- schen B-58 Hustler an der Airshow ab. Und dies waren nicht die einzigen Un- fälle in dieser Zeit: Ein Fouga Magister der Patrouille de France krachte fast senkrecht in den Boden und der Absturz einer Fiat G-91 endete mit dem Tod des Piloten und acht Zuschauern besonders tragisch. Diese Unfälle haben auch bei Walter Janach Spuren hinterlassen. Sie haben dazu beigetragen, dass sich seine Interessen verlagerten. Inzwischen hatte er auch sein Studium begonnen, neue Interessen wurden wichtiger und die Flug- zeugfotografie hatte keinen Platz mehr. War der naheliegende Berufswunsch Pilot denn nie ein Thema? „Doch natürlich“, so Walter Janach, „hätte es da- mals geklappt, wäre ich sicher Pilot geworden.“ Doch die fehlende Sehstärke seiner Augen verunmöglichten eine Pilotenlaufbahn von Anfang an. „Heute kann ich sagen, zum Glück hat es nicht geklappt damals. Mein Leben als Inge- nieur ist sehr viel interessanter geworden.“ 1970 hat Walter Janach seine Doktorarbeit fertiggestellt, kurz nach dem Stu- dium einen kurzen Versuch in die Selbständigkeit gewagt und anschliessend eine Anstellung im Forschungslabor von Atlas Copco in der Westschweiz ge- funden. Nach zehn Jahren wechselte er ans Technikum Luzern in Horw, wo er angehende Ingenieure in den Bereichen Thermodynamik und thermische Maschinen unterrichtete. Mit der Energiekrise der 1970er-Jahre, als die Erd- ölversorgung als Energielieferant vor einem nahen Ende schien, wurde er für die Thematik des Energiesparens sensibilisiert. Das klassische Auto bezeichnet Walter Janach als „schlimmste Energieverschwendung“ - aus dieser Erkennt- nis hat er sich der Entwicklung neuer Ansätze verschrieben: Lange bevor die aktuell auf dem Markt auftauchenden Elektrofahrzeuge entwickelt wurden, 4

RkJQdWJsaXNoZXIy NTcyNzM=